Vatertag

"VATERTAG "


Kammerstück für vier Personen
urheberrechtlich geschützt, zur Weiterverwendung, Aufführung etc.


J. A. Friedrich

1. vorläufige Hörspielfassung


1997

Personen:

Mutter
Sohn
Frau Kröter
Gisela, ihre Nichte


Wohnzimmeratmösphäre, Zeitungsrascheln, Räuspern


Mutter:
Ich denke, der Kaffe ist jetzt gut!

Sohn:
(Zeitungsrascheln)
Hmm,Hmm.

Mutter:
Ich sagte: Der Kaffee wird jetzt durch sein!

Sohn:
schreckt auf
Hat es geklingelt?

Mutter:
Der Kaffee...

Sohn:
springt auf, entnervt
Ja, mein Gott!

Mutter:
Du sollst nicht immer Zeitung lesen!

Sohn:
Ja, ja, ist ja schon gut!
schlurft hinaus
Kurze Pause, Hantieren von draußen

Sohn:
laut aus der Küche
Kein Wasser!

Mutter:
Was?

Sohn:
Kein Wasser!!

Mutter:
Kommst du her, wenn du mit mir sprichst!

Sohn:
kommt
Was hast du gesagt?

Mutter:
Warum hast du den Kaffee nicht mitgebracht?

Sohn:
Es ist kein Wasser in der Maschine!
nimmt wieder Zeitung

Mutter:
geht in die Küche
Mein Gott, was bin ich vergeßlich!
Küchengeräusche, Wasser etc.
aus der Küche ziemlich laut

Mutter:
Stellst du die Tassen hin?

Sohn:
Ja, brüll doch nicht so!

Mutter:
Was?

Sohn:
Ist schon gut!

Mutter:
Kommst du bitte raus, wenn du mit mir redest!

Sohn:
Ich stell die Tassen hin!

Mutter:
Denke nicht, daß ich dich nicht verstehe!

Sohn:
für sich
Kommst du her, wenn du mit mir redest!
stellt Tassen hin, Schrankgeräusche etc.

Mutter:
kommt zurück
Laß bitte die guten Tassen nicht fallen!

Sohn:
Ich bin 36!

Mutter:
Ja, ja, weiß Gott!
Schweigen
Und immer noch keine Frau!

Sohn:
schelmisch
Ich werde niemals mehr eine Frau, Mutter!

Mutter:
Was?

Sohn:
Schon gut, schon gut...

Mutter:
Weißt du, die Grete hat mir schon gefallen. Die Blonde, du weißt schon!

Sohn:
lakonisch
Sie war nicht blond!

Mutter:
Nun komm, erzähl doch nicht! Diese herrlichen langen blonden Haare!

Sohn:
Sie war braun - brünett, um genau zu sein.

Mutter:
Das hätte ich doch gesehen!

Sohn:
Das war Sieglind, die war blond.

Mutter:
Ach, Leni, Helmut, Christoph...du machst dir doch gar nichts aus Brünetten!

Sohn:
Ach so! Das habe ich ganz vergessen!

Mutter:
Vater hat sie jedenfalls sehr gefallen!

Sohn:
Wer gefallen?

Mutter:
Na, du weißt schon...die mit den Haaren.

Sohn:
schweigt

Mutter:
Helmut, Hans... nun sag doch schon!

Sohn:
Was denn? Ich weiß doch nicht, von was du redest?!

Mutter:
Von WEM heißt das, von WEM!

Sohn:
Von wem? Von wem redest du bitte?

Mutter:
Stell dich doch nicht so an!

Sohn:
Ich stell mich nicht an...
von draußen Kaffeemaschinengeräusche

Mutter:
schreit plötzlich auf, Sohn erschreckt
Jesus! Der Kaffee!

Sohn:
nimmt wieder die Zeitung

Mutter:
aus der Küche
Stellst du mal die Tassen raus? Christoph!

Sohn:
Hab ich schon, mein Gott nochmal!

Mutter:
Ich verstehe kein Wort!

Sohn:
Ja, ja...

Mutter:
beim Hereinkommen
Und? Hast du die Tassen...

Sohn:
Ja, bitteschön!

Mutter:
Ich habe gar nichts gehört?

Sohn:
Wo ist der Zucker?

Mutter:
Du immer mit deinem Zucker!
geht wieder hinaus

Mutter:
von draußen
Du sollst nicht immer Zeitung lesen beim Kaffeetrinken!

Sohn:
Ich trinke noch gar nicht!

Mutter:
kommt mit Kaffee
Siehst du, das habe ich mir gedacht! Leg bitte die Zeitung jetzt weg.
Dein ewiger Zucker!

Sohn:
Wann soll ich denn sonst Zeitung lesen?

Mutter:
Hat das jetzt geklingelt?

Mutter:
Nein, hat es nicht...

Mutter:
Ich habe noch Kekse Hans...Christoph, holst du mal die Kekse?

Sohn:
Und wo?

Mutter:
Na, wo sie immer sind!

Sohn:
Du stellst sie doch immer wo anders hin!

Mutter:
Das ist doch gar nicht wahr! Mein Junge...die Kekse sind in der Keksdose!

Sohn:
Das habe ich mir gedacht.

Mutter:
Ja, warum fragst du dann so blöd?

Sohn:
Also...wo ist die Keksdose?

Mutter:
Wo sie immer ist!

Sohn:
Wo sie immer ist...

Mutter:
In der Küche.

Sohn:
Mein Gott!
geht in die Küche

Mutter:
Da kannst du gleich deinen Zucker mitbringen!

Sohn:
kommt wieder ohne Keksdose
Der ist schon drin!

Mutter:
Wo hast du denn die Kekse?

Sohn:
In der Küche sind sie nicht!

Mutter:
Ach komm, da geh' ich eben selber!
geht in die Küche

Sohn:
steht auf, geht zum Schrank, öffnet die Schranktür
Na, das habe ich mir doch gedacht!
findet Keksdose und stellt sie auf den Tisch

Mutter:
kommt zurück
Ja, du hast sie doch schon mitgebracht. Warum...

Sohn:
Habe ich nicht...
nimmt wieder Zeitung

Mutter:
Ja, ich bin doch nicht blind...Helmut, Hans, Christoph...du mußt mich nicht auf den Arm nehmen!

Sohn:
Ich nehme dich nicht auf den Arm! Sie waren im Schrank!
Warum vergißt du immer die Löffel, Mutter? Seit 25 Jahren trinke ich meinen Kaffee mit Zucker UND Löffel! Das ist es dir wert?

Mutter:
Was ist mir was wert? Dein blöder Zucker immer? Du bist kein Kaffeetrinker!
Nun setz dich doch mal hin!

Sohn:
bringt die Löffel aus der Küche, will ihr einen geben
Hier, bitteschön.

Mutter:
Ich brauche keinen Zucker!

Sohn:
Du nimmst aber Milch!

Mutter:
Schon immer!

Sohn:
Na ja!

Mutter:
Man trinkt Kaffee nicht mit Zucker!

Sohn:
Ich trinke ihn mit Zucker...schon immer!

Mutter:
bewundernd
Vater hat ihn immer ohne Zucker getrunken!

Sohn:
Und mit ohne Milch!

Mutter:
Ja, ja, das habe ich ihm immer gesagt...

Sohn:
Das hast du ihm gesagt...

Mutter:
Schon immer!

Stille

Mutter:
Man könnte denken, er lebt noch.

Sohn:
Er riecht!

Mutter:
Wie bitte?

Sohn:
Er riecht ein wenig streng!

Mutter:
Er hat sein ganzes Leben lang hart gearbeitet...

Sohn:
...für dich...

Mutter:
...für dich! Das sind wir ihm schuldig!

Sohn:
Ist schon gut!

Mutter:
Die Blonde hat ihm gut gefallen. Er hat immer gesagt: die muß er sich halten..der weiß gar nicht, was er an der hat!

Sohn:
Wer?

Mutter:
Du, das weißt du doch ganz genau!

Sohn:
Nichts weiß ich!
liest wieder Zeitung

Mutter:
Lies bitte nicht Zeitung, wenn wir essen!

Sohn:
Ja, ich esse doch überhaupt nicht!

Mutter:
Ja, warum ißt du denn nichts?
Junge, du mußt essen!

Sohn:
Ich mag keine Kekse. Das weißt du doch, Mutter.

Mutter:
Und warum habe ich sie dann reingebracht?
Ich will auch keine, die habe ich für dich gekauft! Dann werfen wir sie eben weg!

Sohn:
Ich habe noch nie Kekse gern gegessen!

Mutter:
Als du klein warst, hast du nur Kekse gegessen! Erinnere dich an Weihnachten, bei der Oma...

Sohn:
Mein Gott! Drei alte Kekse habe ich gegessen und mich dann übergeben...

Mutter:
Weil du immer gleich alle essen wolltest!
Iß doch, du wirst ja immer dünner!

Sohn:
Und da soll ich Kekse essen? Ich habe doch schon Zucker im Kaffee, da esse ich nicht noch süße Kekse...

Mutter:
Da brauche ich auch keine mehr zu kaufen!

Sohn:
Das habe ich dir schon immer gesagt!

Mutter:
Und wenn nun mal Gäste kommen?

Sohn:
Dann kaufst du eben etwas anderes!

Mutter:
Sollen die sich auch Zucker in den Kaffee machen?

Sohn:
Mein Gott!

Stille

Sohn:
Wie geht es eigentlich Onkel Hans?

Mutter:
Du, von dem habe ich lange nichts mehr gehört.

Sohn:
Hat er sich wieder 'was neues gekauft?

Mutter:
Ja, ja, eine Nudelmaschine, glaube ich.

Sohn:
Kann er die überhaupt bedienen, mit seinen dreiundachtzig?

Mutter:
Ach, hör mir auf!

Sohn:
Was will er denn mit einer Nudelmaschine?

Mutter:
Der denkt jetzt, er macht sich jetzt immer seine Nudeln selbst...um Geld zu sparen!

Sohn:
Das wird schön teuer!

Mutter:
Ja, ja, ich habe ihn gestern angerufen...er will nächste Woche vorbeikommen.

Sohn:
Wer? Onkel Hans?

Mutter:
Ja, ja, und er bringt welche mit.

Sohn:
Was? Nudeln?

Mutter:
Wieso denn Nudeln? Brötchen! Seine komischen Brötchen!

Sohn:
Was für komische Brötchen nun wieder?

Mutter:
Ja, hörst du denn nicht zu? Er hat sich doch eine Brotbackmaschine gekauft! Du immer mit deiner Zeitung!

Sohn:
Ich dachte Nudeln, entschuldige bitte...

Mutter:
Du machst mich schwach mit deinen Nudeln! Er hat doch noch nie Nudeln gegessen!

Sohn:
Noch nie Nudeln gegessen? Onkel Hans?
Vater hat nicht gern Nudeln gehabt!

Mutter:
Vater aß NIE Nudeln! Da konnte ich machen was ich wollte. Aber du, du warst immer ganz wild drauf. Früher.

Sohn:
Ich esse auch heute noch ganz gern welche.

Mutter:
Ach komm, seit wann ißt du denn Nudeln gern? Das ist doch ganz was neues! Als Kind...ja.

Sohn:
Ich sagte, ich esse heute auch noch sehr gern Nudeln. Alle, Spaghetti, Spirelli, Pasta, Nudeln! Alles!

Mutter:
Du bist doch schon 36! Erzähl doch nicht!

Sohn:
Ich esse jeden Tag Nudeln, Mutter! Je-den Tag!...
Es hängt mir zum Halse raus, soviel esse ich...

Mutter:
Ich habe doch gewußt, daß du die Nudeln nicht magst! Deswegen kommst du auch zu uns und frißt dich durch!

Sohn:
Ich freß mich durch?

Mutter:
beschwichtigend
Das kannst du ja auch, Christoph, Hans...

Sohn:
aggressiv
Mit Keksen, oder wie?

Mutter:
Was ist denn nur los mit dir? Wenn Vater das hört, wie du mit mir sprichst..

Sohn:
ruhig
Er hört es aber nicht.

Mutter:
Nein, er hört es nicht mehr...
...wer weiß?

Schweigen

Sohn:
Ja, vielleicht hört er es da oben?

Mutter:
Er hätte es gehört!

Sohn:
Ich mache das Fenster auf.

Mutter:
Ja, warum denn...die Leute!

Sohn:
Was ist mit den Leuten?

Mutter:
Sie können doch hereinschauen!

Sohn:
Das sind mindestens 200 Meter.

Mutter:
Wenn aber Licht ist...

Sohn:
Es ist aber kein Licht!

Mutter:
Aber es wird bald dunkel!

Sohn:
Dann mach ich eben wieder zu!
öffnet das Fenster

Mutter:
Ich bin aber nicht gern bei offenem Fenster!

Sohn:
Das ist ja wohl nicht wahr!
schließt das Fenster wieder
Riechst du denn das nicht?

Mutter:
Dann geh' doch auf den Balkon! Aber rauche nicht wieder eine Zigarette nach der anderen!

Sohn:
Mutter! Ich rauche seit sieben Jahren nicht mehr!

Mutter:
Ach, komm! Ich rieche das doch! Leni, Helmut...mir brauchst du doch nichts mehr vorzumachen! Ich komme hinter alles!

Sohn:
Ja, wenn du das nicht glauben könntest!

Mutter:
Das ist wie damals mit der Brünetten..wie hieß sie doch noch gleichmal...?

Sohn:
Sieglind!

Mutter:
Die hat Vater gefallen! Der Junge weiß gar nicht, was er an der Sieglinde hat, sagte er immer!

Sohn:
Hat er gesagt?

Mutter:
Ja, hat er!

Sohn:
Es war nicht Sieglinde...sie hieß Lisa!

Mutter:
Leni? Das hätte ich gewußt!

Sohn:
Lisa, Mutter! Und du fandest sie schrecklich!

Mutter:
Ja, weil sie immer so furchtbar bunt angezogen war.

Sohn:
Sie trug nur schwarz. Schwarz, Mutter!

Mutter:
Denkst du, ich kann mich nicht mehr an sie erinnern? Onkel Hans hat übrigens angerufen, du sollst mal vorbeikommen...er hat sich eine Bügelmaschine gekauft und weiß nicht wie sie funktioniert.

Sohn:
Eine...Bügelmaschine?

Mutter:
Er denkt, daß er jetzt seine Wäsche selbst bügelt und so Geld spart.

Sohn:
Und warum gehst du nicht selbst mal vorbei?

Mutter:
Da habe ich keine Zeit jetzt...

Sohn:
Was hast du denn vor?

Mutter:
Das habe ich dir doch erzählt! Iß doch deine Kekse und nimm noch Kaffee!

Sohn:
Ich habe schon zwei Tassen getrunken!
sie schenkt ihm ein

Mutter:
Soll ich das bischen wegschütten?

Sohn:
Das bischen sind mindestens noch fünf Tassen!

Mutter:
Ja, eben! Ich werfe das Geld doch nicht zum Fenster hinaus! Ich schaue immer genau, was es kostet! Du wirst heutzutage nur übers Ohr gehauen!

Sohn:
Fährst du wieder zur Kur?

Mutter:
Ja, das fängt bei den Kleinigkeiten an. Jetzt verlangen die schon 12 Mark für das Pfund Kaffee bei Schröders vorn. Ach, nee, bei Beldo...

Sohn:
Was kaufst du denn immer bei diesen Billigmärkten? Ist es dir das wert? Das ist doch nichts!

Mutter:
Das ist mir klar! Dein Vater hat sein ganzes Leben lang gearbeitet, das waren andere Zeiten...

Sohn:
Und was hat er davon?

Mutter:
Der liebe Herrgott holt sich alles zu seiner Zeit!

Sohn:
Ja, und?

Schweigen

Mutter:
Habe ich dir schon erzählt, was ich vorhabe?

Sohn:
Nein.

Mutter:
Nun lies doch nicht, wenn ich mit dir rede und iß endlich die restlichen Kekse!

Sohn:
Die Büchse ist noch zu! Ich esse keine Kekse!

Mutter:
Ja,ja, aber für Zigaretten hast du Geld! Ich schaue immer genau, was es kostet...Mir geht es doch nur um deine Gesundheit, mein Junge!

Sohn:
Wo fährst du denn nun hin?

Mutter:
Zur Kur, wie jedes Jahr.

Sohn:
Das weiß ich nun auch schon!

Mutter:
Ich tue eben was für meine Gesundheit! Wenn du nicht rauchen würdest, könntest du außerdem viel Geld sparen!

Sohn:
Von was bitte?

Schweigen

Mutter:
Wenn du schon kein Geld hast...

Sohn:
entnervt
Ich rauche nicht mehr!!! Hier meine Hände!

Mutter:
Du knabberst immer noch an den Nägeln. Wie früher, mein Häschen!

Sohn:
Ich habe gearbeitet. ..das Wochenende.

Mutter:
Dann hast du doch Geld!

Sohn:
Ich habe nur das Wochenende gearbeitet. Eine Garage ausgeräumt...von dem Edi sein Vater hat was bezahlt.

Mutter:
Dann hast du doch Geld.

Sohn:
Das bischen!

Mutter:
Du mußt eben schauen was es kostet! Wir können uns auch nicht alles leisten! Wo Vater nicht mehr arbeitet.

Sohn:
Mutter, er hat seit zwanzig Jahren keinen Finger mehr krumm gemacht! Er wird es auch nie wieder tun!

Mutter:
Nein, er arbeitet nicht mehr.
Aber du! Du könntest arbeiten! Gut, daß er das nicht mehr miterleben muß!

Sohn:
Mutter...er ist gerademal seit drei Tagen tot!

Mutter:
Er konnte es nie leiden, wenn du faul deine Füße unter den Tisch gesteckt hast!

Sohn:
Weil sich dort unsere immer getroffen haben...

Mutter:
Ach, komm! Hör auf! Du bist 36...kein Kind mehr!

Sohn:
Ach ja?

Mutter:
Und immer noch keine Frau. Ich habe manchmal richtig Angst, daß du...

Sohn:
Daß was?

Mutter:
Du weißt schon!

Sohn:
Nein Mutter, ich weiß nicht!!

Schweigen

Sohn:
Ich würde sofort etwas arbeiten! Verstehst du das?

Mutter:
Dein Vater...

Sohn:
Er liegt hinter dir! Dort Mutter..vergiß es!

Mutter:
Wir haben das immer so gemacht! Dein Vater wusch seine tote Mutter, seine Mutter ihren Vater, als er ging...

Sohn:
Du hast ihn doch noch gar nicht gewaschen!

Mutter:
Ich werde es schon noch tun! Gertrud hat ihren Vater auch gewaschen!

Sohn:
Ihren Mann!

Mutter:
Das kommt doch auf das selbe hinaus!

Sohn:
Das ist nicht dasselbe! Das dort ist mein Vater und dein MANN! Gütiger Gott!

Mutter:
Ja, du willst immer recht haben. Er ist der Vater!

Sohn:
Ja, aber meiner!

Mutter:
Er kann doch gleichzeitig Vater und Mann sein. Das willst du doch nicht leugnen?

Sohn:
Ich leugne doch gar nichts!

Mutter:
Ich würde sogar sagen wollen, daß er nicht Vater sein könnte, wäre er nicht schon immer Mann gewesen...

Sohn:
Das würde ich auch nie bestreiten...

Mutter:
Und umgekehrt...

Sohn:
Wie umgekehrt?

Mutter:
Na...ohne Vater kein Mann!

Sohn:
Du sprichst in Rätseln.

Mutter:
Nein, so wie ich's sage, spreche ich.

Sohn:
Nein! Onkel Hans ist z. B. ein Mann, aber kein Vater...oder sollte ich mich da täuschen?

Mutter:
Ach der Hans. Der hat doch gar keine Söhne!

Sohn:
Das sage ich doch!

Mutter:
Mit der Leni, Charlotte, das hat doch nie geklappt. Wer keine Söhne hat, ist auch kein Vater!

Sohn:
Kinder! ...ist doch egal.

Mutter:
Mir war es nicht egal, als ich dich bekommen habe...aber dir ist ja immer alles egal...weil nichts Wert für dich hat. DU hast keine Kinder. Bist 36 und allein. Das sagt doch alles!

Weint

Sohn:
Was alles?

Mutter:
Komm, stell dich nicht so an. Iß noch 'was und sei ruhig. Der Kaffee ist nun auch kalt!

Sohn:
Ich habe schon vier Tassen getrunken, Mutter!

Mutter:
Laß bitte noch etwas drin. Die Schrödern kommt doch immer sonntags. Wo sie nur bleibt?

Sohn:
Heute ist nicht Sonntag. Heute ist Vatertag! Ein gewöhnlicher Dienstag.

Mutter:
Das ist doch egal. Feiertag ist und alles muß in Ordnung sein. Außerdem bringt sie ihren Neffen mit.

Sohn:
Und Vater?

Mutter:
Mein Gott...Vater wollte dich auch. Er war ziemlich erleichtert, als du ein Junge geworden bist. Wir haben dich gemeinsam bekommen...dein Vater und ich...gleich zu deiner Geburt...

Sohn:
Die Schrödern. Der Neffe!

Mutter:
Dann pack ihn ein...in Papier meinetwegen.

Sohn:
Dort auf dem Tapeziertisch?

Mutter:
Ja, wo denn sonst?

Sohn:
Das wird doch nie 'was!

Mutter:
Weil du dir nie Mühe gibst!

Sohn:
Ja, Ja!

Mutter:
Jetzt hat es geklingelt!

Sohn:
Es hat nicht geklingelt!
Sie lauschen. Stille.

Mutter:
Ich hätte es schwören können...

Sohn:
Na, bitte!
Sie lauschen.
Plötzlich - Klingeln.

Mutter:
Na, bitte!

Sohn:
Das ist doch nicht möglich!

Mutter:
Ich habe es doch gesagt!

Sohn:
Das ist unheimlich!

Mutter:
DAß ICH IMMER RECHT HABE? Tja, mein Junge...
schlurft zur Tür

Sohn:
Aber es hatte vorher niemand geklingelt!

Mutter:
Geh nur und du wirst schon sehen!
Sohn geht zur Tür. Öffnet.

Sohn:
Ja, jetzt ist es ja auch egal!

Frau Kröter:
Ach, der Junge! Was ist denn egal?

Mutter:
Ach, die Krötern!

Frau Kröter:
Ist denn die Mutti da?

Sohn:
Ja, sie ist da...ruft...Mutter!

Mutter:
Ich komme...
geht wieder zur Tür
Ach, Frau Kröter...wo brennt's denn?

Frau Kröter:
Groß ist er ja geworden, der Sohnemann!

Mutter:
Ja, groß ist er geworden...frißt einem die Haare vom Kopf!

Sohn:
Kekse, Frau Kröter, Kekse esse ich...

Mutter:
Christoph!

Frau Kröter:
Ja, wissen sie, ist mir doch der Kaffee ausgegangen...wo doch meine Nichte, die Gisela, gekommen ist. Und da habe ich gedacht, Vatertag ist ja wie Sonntag, gehen wir doch mal zur Frau Rütlisberger und da nehme ich die Gisela gleich mit, sie wissen schon, die aus dem Harz...

Mutter:
Die aus dem Harz, ja, ja, ihre Nichte, nicht wahr?

Frau Kröter:
...und haben uns gedacht, da wird ihr Mann ja wohl wieder unterwegs sein, so wie immer am Vatertag und da macht sich doch ein Schwätzchen unter Frauen...

Sohn:
Ist nicht unterwegs!

Frau Kröter:
...nicht unterwegs?

Mutter:
Ja, also, Kaffee dann, schön daß sie mal vorbei geschaut haben...wissen sie, mein Sohn malert nämlich gerade und da haben wir auch keinen...

Frau Kröter:
Ach, das riecht ja schon köstlich nach...

Mutter:
...Kaffeee mehr!

Frau Kröter:
...Kaffeee und Keksen!
ruft laut ins Treppenhaus
Gisela! Kommst du endlich mal?

Gisela:
Bin ja schon unterwegs!
Türschlagen im Hausflur

Frau Kröter:
Ja, dann...die Gisela...

Mutter:
Ihre Nichte...aus Friesland...

Gisela:
geht an Mutter und Sohn vorbei in die Wohnung
Darf ich mal?

Frau Kröter:
Ja, die Gisela...aus dem Harz, sie wissen schon...

Gisela:
Wie das hier riecht!

Mutter:
Ja, dann... nehmen sie doch erstmal Platz...

Sohn:
zur
Mutter:
Mutter! Vater!

Frau Kröter:
Nein, wie gern ich doch diesen Kaffeeduft...
Haben sie gebacken, man riecht es...
stößt gegen den Tapeziertisch
Oh, der steht aber sonst nicht hier...

Sohn:
Nein, steht er nicht!

Mutter:
Mein Sohn malert nämlich gerade!

Frau Kröter:
Immer fleißig, ganz der Vater....wie geht es denn dem Herrn Gemahl?

Sohn:
Ganz schlecht!

Frau Kröter:
Oho! Immer noch, ja? Er ist wohl heute nicht unterwegs?

Sohn:
Er ist tot, Frau Kröter!

Frau Kröter:
Ach ja?

Mutter:
Ja, seit drei Tagen...

Frau Kröter:
Das ist ja noch nicht sehr lange...

Gisela:
Es riecht hier, Tante!

Mutter:
Nein, das ist noch nicht lange.

Frau Kröter:
Nun setz dich ordentlich hin, Gisela!
Meiner ist ja nun schon seit sieben Jahren unter der Erde...

Mutter:
Helmut, Christoph, vor sieben Jahren, sagen sie, Christoph, da war doch was! Vor sieben Jahren...

Sohn:
...habe ich mit Rauchen aufgehört!

Mutter:
Ja, wissen sie, der Christoph raucht nämlich nicht mehr. Endlich, habe ich gesagt, daß du einmal auf mich hörst!

Frau Kröter:
Ja, die Kinder sind so unvernünftig...

Mutter:
Ich habe ihm immer gesagt, nimm dir ein Beispiel an deinem Vater!

Sohn:
Mutter! Er ist tot!

Gisela:
Ich finde das nicht sehr toll!

Frau Kröter:
Was, meine Liebe?

Gisela:
Der Kaffee ist kalt!

Mutter:
Ach, das habe ich ganz vergessen...Nehmen sie sich doch, alles da, Kaffee, Kekse...

Gisela:
Es riecht!

Sohn:
Dann mache ich jetzt das Fenster wieder auf!

Mutter:
Wissen sie, ich liebe es bei offenem Fenster meine Kreuzworträtsel...

Frau Kröter:
Ach, sie haben Kreuzworträtsel gemacht?

Mutter:
Nein, wir haben Kaffee getrunken und eine Kleinigkeit gegessen. Der Hans ist ja so versessen auf Kekse...

Frau Kröter:
Gisela!

Mutter:
Ach, bedienen sie sich nur! Ich weiß nicht, wie die Dose aufgeht. Hans! Hilf doch mal der jungen Dame...Noch etwas Kaffee, Frau Kröter?

Frau Kröter:
Ja, wenn sie so reizend wären, ich habe ja noch gar nichts gehabt...

Mutter:
Hol doch mal zwei Tassen, Helmut...

Gisela:
Ich denke, eine reicht!

Mutter:
Wollen sie keinen Kaffee, mein Fräulein, ich darf sie doch Lisa nennen?

Sohn:
Sie hat aus meiner Tasse getrunken!

Frau Kröter:
Gisela, Frau Rütlisberger...

Gisela:
Es stehen schon drei Tassen auf dem Tisch und aus der sauberen habe ich getrunken!

Frau Kröter:
Warum willst du keinen Kaffee, Gisela?

Mutter:
Ja, die jungen Leute, schwer zu verstehen, manchmal. Bring trotzdem zwei Tassen, Hans, er ist frisch gebrüht.

Gisela:
Der Hans-Christoph-Helmut...

Frau Kröter:
Gisela! Und wie geht es sonst so, jetzt wo ihr Mann nicht mehr ist...

Mutter:
Ja. ja, es ist schwer, man gewöhnt sich.

Frau Kröter:
Ja, es ist schwer...hat er sehr gelitten?

Mutter:
Der Schlag, sie wissen schon...

Frau Kröter:
Der Schlag...so,so...ohne Vorwarnung?

Mutter:
Gänzlich. Es war der dritte. Ja, der dritte war's...

Frau Kröter:
Ach, da kommen die Tassen!

Mutter:
Ja, fleißig ist er, der Junge.
Vorsicht, schlag nicht an!

Sohn:
Nein, ich paß schon auf!

Mutter:
Da kommt er ganz nach seinem Vater. Wissen sie, er arbeitet nämlich jetzt in einer Autowerkstatt!

Frau Kröter:
So, so. Kann er denn das?

Mutter:
Ja, zupacken, das kann er! Er hat die ganze Wohnung gemacht. Allein!

Gisela:
Das sieht man!

Frau Kröter:
Ja, das sieht man, sehr tüchtig!

Mutter:
Ja, die Kinder, wenn man die nicht hätte...

Frau Kröter:
Ich habe keine, Frau Rütlisberger, leider, keine, ich beneide sie...wirklich...

Mutter:
Aber ihre Nichte, Frau Kröter, ein bildhübsches Ding...

Frau Kröter:
Ja, das ist sie...hervorragend, wirklich hervorragend...

Mutter:
Wie bitte?

Frau Kröter:
Ihr Kaffee! Nicht wahr, Gisela?! Nun sitz doch nicht so stumm herum! Unterhaltet euch doch. Ihr jungen Leute...

Mutter:
Nicht wahr, Frau Kröter, maulfaul sind sie, die jungen Leute...

Gisela:
Es zieht!

Sohn:
Ich kann das Fenster ja schließen.

Frau Kröter:
Gisela! Du sitzt falsch! Sitz doch gerade, dann zieht es nicht so!

Mutter:
Gerade...

Gisela:
Da zieht es gerade...ist doch egal

Mutter:
Wie meiner, wie meiner...alles egal...

Sohn:
Da mach ich jetzt zu!

Mutter:
Ja, dann mache es doch und sitz nicht so stocksteif auf deinem Platz!
Möchten sie Zucker, Frau Kröter?

Frau Kröter:
Oh ja, gern, bitte viel...

Mutter:
Viel Zucker, ja?

Frau Kröter:
Oh, mein Gott, nicht so viel!...Jetzt ist es übergeschwappt! Das war aber nicht nötig, Frau Rütlisberger!

Mutter:
Und sie, Gisela?

Gisela:
Ich nehme mir selbst, danke!

Sohn:
Nun laß sie doch, Mutter!

Mutter:
Auch so eine Süße, wie mein Großer, ihre Nichte, reizend, ganz reizend...und keine Milch...wie ich selber...

Frau Kröter:
Oh, nein, danke! Keine Milch! Wissen sie, mein Mann sagte immer, Milch trinken nur die Tiere...ganz junge, meine ich.

Sohn:
Hat er Bier in den Kaffee gemacht?

Mutter:
So, so. Ganz junge Tiere...

Frau Kröter:
Fohlen....zum Beispiel...oder kleine Fischotter...

Sohn:
Kleine Fischotter?

Mutter:
Kleine Fischotter eben...Christoph!

Frau Kröter:
Kleine Fischotter oder...wie heißen doch gleichmal noch die Kinder von der Kuh, Gisela?

Gisela:
Kälber!

Frau Kröter:
Genau! Kälber!

Mutter:
Aha...Kälber.

Sohn:
Kälber also...

Stille

Gisela:
Von den Schweinen heißen die Jungen Färsen.

Frau Kröter:
Gisela!

Mutter:
Färsen!? Da gibt es doch noch eine Reihe dazuzulernen für unsereins...nicht vielleicht Ferkel?

Gisela:
Färsen und Ferkel!

Stille

Sohn:
Vater hat auch keine Milch getrunken...

Mutter:
Er trank nie Milch und er nahm auch nie Zucker in den Kaffee...

Frau Kröter:
Ja, da habe ich doch ganz vergessen, ihnen zu kondolieren...

Mutter:
Wie bitte?

Frau Kröter:
Zu kondolieren, sagte ich. Meine aufrichtigste Kondolenz, Frau Rütlisberger.
Gisela!

Gisela:
Beileid auch von meiner Seite...

Mutter:
Ja, da würde er sich freuen...wenn er das noch miterleben könnte! schluchzt
So viele nette Menschen...ach, wissen sie, Frau Kröter...

Frau Kröter:
Ja, Frau Rütlisberger?

Mutter:
Ach, Frau Kröter, wenn ich meinen Jungen nicht hätte...zu
Gisela:
Bitte nicht den Kaffee dort abstellen!

Frau Kröter:
Gisela!

Gisela:
verschüttet den Kaffee auf den Tapeziertisch:
Ach, so ein Mist..

Frau Kröter:
Siehst du, jetzt ist es passiert, der arme Herr Rütlisberger...

Sohn:
Ach, das macht nichts, Frau Kröter, er ist doch schon tot.

Frau Kröter:
Was sagt der Arzt?

Mutter:
Der Arzt? Wieso der Arzt?

Sohn:
Schlaganfall. Ganz plötzlich.

Mutter:
Sprich bitte nicht mit vollem Mund. Wir haben Gäste!

Sohn:
Ich habe nichts im Mund!

Mutter:
Aber sonst! Man spricht nicht mit vollem Mund! Da hast du Glück gehabt! zu Frau Kröter: Ein Schelm ist er, das muß man sagen!

Frau Kröter:
Ja, das Temperament!

Sohn:
mit Nachdruck
Ich habe nichts im Mund gehabt und ich spreche nie mit vollem Mund...

Mutter:
Nein, nein, eine gute Erziehung hat er genossen, das muß man sagen, da war sein Vater schon dahinter her. Wissen sie übrigens, was ich vorhabe? Ich werde...

Frau Kröter:
Ja, wie ist denn das so in der Autowerkstatt, Christoph?

Sohn:
Es ist eine Garage...

Mutter:
Ein Vater von einem Freund hat ihn angestellt. Ich habe ihm immer gesagt, du brauchst etwas solides, wo du auch mal einen Pfennig zurücklegen kannst. Die Zeiten ändern sich schnell und da ist man froh, wenn man nicht immer zu Muttern muß, um sich satt zu essen.

Sohn:
Ich esse mich nicht satt!

Mutter:
Deswegen bist du auch so dünn! Sag ich ja schon immer, essen mußt du. Noch Kekse, Frau Kröter?

Frau Kröter:
Gisela! Kekse!

Gisela:
Ich mag den Geruch nicht!

Sohn:
Soll ich das Fenster aufmachen?

Mutter:
Ja, dann mach doch schon auf... Ich liebe es, bei offenem Fenster zu sitzen...ein Tässchen heißen Kaffee...

Gisela:
HEIßEN Kaffee!

Frau Kröter:
Ja, es wird auch schon dunkel!

Mutter:
Finden sie? Also ich finde es noch sehr hell! Nicht wahr, Christoph?

Sohn:
Ja, ja..

Mutter:
Lies doch nicht schon wieder, du verdirbst dir noch die Augen!

Frau Kröter:
Vielleicht sollten wir doch das Licht...?

Mutter:
Nein, nein! Der hat gute Augen, die hat er von seinem Vater, die Katzenaugen...

Gisela:
Luchsaugen!

Frau Kröter:
Das ist doch dasselbe, Gisela!

Gisela:
Ist nicht dasselbe!

Mutter:
Im Kreuzworträtsel ist es dasselbe, das ist wahr...

Frau Kröter:
Luchse sind Katzen, Katzen sind Luchse...

Mutter:
Katzenaugen sind Luchsaugen....

Frau Kröter:
Luchsaugen sind Katzenaugen!

Schweigen

Mutter:
Nun sag doch auch mal was dazu, Christoph, äh...

Sohn:
feierlich: Luchse sind Katzen. Katzen sind keine Luchse...

Mutter:
DAS ist richtig!

Frau Kröter:
Das ist sehr richtig, Gisela!

Gisela:
Ja, ja, und Adleraugen?

Mutter:
Christoph!

Sohn:
Adleraugen sind Adleraugen, Luchsaugen sind keine Katzenaugen, Adleraugen sind auch keine Luchsaugen!

Frau Kröter:
Das ist richtig!

Mutter:
Ja, das ist sehr richtig. Er ist schon ein schlaues Bürschen!

Gisela:
Adleraugen sehen aber am besten!

Frau Kröter:
Das spielt doch überhaupt keine Rolle jetzt!

Mutter:
Doch, doch....erzählen sie nur...

Gisela:
Adler haben Adleraugen.
Katzen haben Katzenaugen .
Luchse...

Frau Kröter:
unterbricht Gisela
Und wie hießen noch mal die Kinder von der Mutter Schwein?

Gisela:
Von der "Sau" heißt das, "Sau"!

Sohn:
Ich dachte ja nun: Färsen oder Ferkel wenigstens....

Mutter:
Sehr richtig! Ferkel, Färsen, das habe ich auch gewußt. Kreuzworträtsel, fünf senkrecht: Kind vom Schwein...junges Schwein...mit sechs Buchstaben...oder Ferkel...

Sohn:
Fünf!

Mutter:
Das ist richtig! Ich staune, was mein Sohn so alles weiß! Die Kinder, die Kinder, nicht wahr, Frau Schröder?

Gisela:
Das habe ICH gesagt! Ein Ferkel hat SECHS Buchstaben!

Frau Kröter:
Gisela!

Gisela:
Ist doch aber wahr!

Sohn:
Ja, ich denke, sie hat recht.

Mutter:
Was hat sie recht, mein Junge?

Sohn:
Sie hat einfach recht! Färse mit fünf, Ferkel haben sechs Buchstaben.

Mutter:
Sie sagte: SAU...und so weiter....Frau Kröter.

Frau Kröter:
Gisela? Du hast SAU gesagt?

Gisela:
Ich sagte: Von der Sau heißt das.

Mutter:
Na bitte: Ich sag es doch: Sau!

Sohn:
Mutter! Sie hat Färse gesagt...als erste!

Mutter:
Jetzt gib mir mal die Zeitung...da ist doch bestimmt ein Rätsel...Wissen sie, Frau Kröter, das läßt einen nicht in Ruhe...Gib jetzt her!

Frau Kröter:
Ja, die Jugend...schön ist es, wenn sie sich versteht...

Mutter:
Wem sagen sie das...hier steht es: Katzenartiges Raubtier! Ich habe es doch gesagt!

Sohn:
Was hast du gesagt?

Mutter:
Katzenartiges Raubtier mit sechs Buchstaben.

Gisela:
Mit FÜNF!

Mutter:
Ja, äh...man sieht ja fast nichts mehr. Christoph, mach doch mal bitte das Fenster zu!

Gisela:
Luchs.

Frau Kröter:
Gisela!

Mutter:
Nein, nein, paßt nicht rein...fünf und nicht sechs...

Sohn:
Adler!

Frau Kröter:
Fischotter...

Mutter:
Nein, das ergibt keinen Sinn, weil vier senkrecht ist nämlich Aar mit Doppel-A...also drei Buchstaben...

Sohn:
Das ist ein Fluß!

Gisela:
Das hätte ich auch gewußt!

Frau Kröter:
Nun streitet euch nicht, Gisela!

Sohn:
Frau Kröter, sie hat recht, wir haben uns nicht gestritten.

Mutter:
Jetzt hör mal zu: Fortbewegungsmittel im alten Dom. Was soll das sein?

Sohn:
Rom, Mutter!

Mutter:
Nein, das paßt nicht rein, das ist zu kurz.

Frau Kröter:
Ja, wir könnten ja das Licht...

Mutter:
schnell Die Lampe ist kaputt, leider...

Frau Kröter:
Das ist ja sehr schade, Mann tot, Lampe kaputt...

Mutter:
Wir können ja die Vorhänge schließen.

Gisela:
Dann wird es ja noch dunkler!

Mutter:
Die Natur fordet ihr Recht, sagte der Vater immer...

Sohn:
Wenn er sein Wasser abschlug....

Mutter:
Wenn er was?

Sohn:
Ist schon gut....

Mutter:
Es wird dunkel, wenn es dunkel werden soll und wir Sterblichen sollten uns nicht dagegen wehren. Das ist nicht unsere Sache! Früher gingen wir noch mit den Hühnern ins Bett...

Frau Kröter:
Wir sind mit den Hühnern aufgestanden.

Sohn:
Hühner, Küken!
Die Färsen, die Färse, die Küken, die Küke

Gisela:
Das Küken!

Frau Kröter:
Gut, dann wollen wir mal wieder, Gisela!

Mutter:
Aber Frau Kröter, wollen sie nicht noch etwas Kaffee? Wo ist er denn?

Sohn:
Es ist keiner mehr da, Mutter!

Frau Kröter:
Also dann...wenn sie mal etwas brauchen, Frau Rütlisberger, sie wissen ja, wo ich wohne, wir kennen uns ja...

Mutter:
Ja, wir kennen uns ja...

Frau Kröter:
Und sagen sie ihrem Mann..ach, nein, sagen sie nichts...

Mutter:
Ja, das tut mir jetzt aber leid, die Lampe...sie wissen schon...

Frau Kröter:
Sollen wir ihnen noch helfen...Gisela!

Mutter:
Nein, nein! Lassen sie ruhig alles stehen!

Gisela:
räumt zusammen

Mutter:
Stehenlassen habe ich gesagt!!

Sohn:
Nun laß sie doch, sie hat doch Adleraugen...

Frau Kröter:
Ja, ja,die Kinder, sie verstehen sich...

Gisela:
Tante, könntest du mir sagen...

Sohn:
Warten sie, ich habe ein Feuerzeug.

Mutter:
So!? Ein Feuerzeug hast du?

Sohn:
Wenn es mal kalt ist...

Mutter:
Im Frühling??
Ich habe es doch sofort gerochen!

Frau Kröter:
Frau Rütlisberger!

Sohn:
Dann mach ich's eben wieder aus!

Mutter:
Wir sehen uns noch, mein Junge!

Gisela:
Ich seh nichts mehr...Scheiße!...mach doch das Feuerzeug wieder...
stürzt mit den Tassen über den Tapeziertisch

Mutter:
Die Tassen! Christoph, mach doch was!

Frau Kröter:
Gisela!!?

Sohn:
Vater!
Vater ist mit lautem Plumps vom Tisch gefallen

Gisela:
So eine...

Frau Kröter:
Gisela!

Gisela:
Der lag wohl die ganze Zeit neben meinem Kopf? Auf diesem elenden Tisch? Mein Gott, der ist ja total fett...

Mutter:
Ich hab's gewußt...

Sohn:
Ich habe gleich gesagt, der Tapeziertisch hält das nicht aus!

Mutter:
Das gute Geschirr, unser Hochzeitsgedeck...

Frau Kröter:
Ja, man sieht ja auch gar nichts. Ach, hier ist ja der Schalter!

Mutter:
Die Lampe ist kaputt!!!
Licht geht an

Frau Kröter:
Es geht doch!

Gisela:
schreit laut auf

Mutter:
löscht das Licht wieder
Sie ist kaputt, habe ich gesagt!

Frau Kröter:
Was schreist du denn so? Mein Gott...

Gisela:
Der war voller Blut. Am Kopf...ich hab's gesehn! Alles voll, der Tisch...

Sohn:
Der Tisch war doch schon hinüber...die ganze Farbe...

Mutter:
Wenn er das hätte mit ansehen müssen! Wie sie über ihn reden...

Frau Kröter:
Also, Frau Rütlisberger, das wird mir dann doch zuviel, uralte Kekse, lauwarmer Kaffee und dann das noch...das können sie unserer Gisela nicht zumuten...

Mutter:
Hast du das gehört, Christoph? Das muß ich mir nicht bieten lassen...Hinaus, sage ich da nur...

Gisela:
Da müssen sie nicht so schreien, wir wären ohnehin gegangen...zur Polizei nämlich...

Mutter:
Ach, und wer bezahlt mir das Geschirr...

Frau Kröter:
Sie und ihr mißratener Sohn!...Lassen sie uns doch in Ruhe...ihr lächerliches Geschirr...Gisela, komm, wir gehen, laß alles so wie es ist...

Mutter:
Das möchte ich auch hoffen, daß sie mir hier nicht noch alles Zeugs hinausschleppen...

Gisela:
Den alten Sack hier können sie getrost behalten...

Frau Kröter:
Raus jetzt....
Türklappen etc.


Mutter:
Jawohl! Raus hier!...Bagage! Ich bring sie um...

Sohn:
Nein, Mutter, die nicht auch noch...

Mutter:
Dann kann ich mich ja gleich zum Fenster hinausstürzen!

Sohn:
Nun sag doch nicht so etwas...so viele Kreuzworträtsel noch...

Mutter:
Ach, keinen Respekt haben diese Leute mehr, diese Unmenschen, Besserwisser!

Sohn:
Mutter, was machen wir denn jetzt?
Müssen wir für immer im Dunkeln sitzen bleiben?

Mutter:
Sie hat gesagt, Vater wäre fett, sie soll sich selbst mal anschauen!

Sohn:
Er ist nur etwas aufgedunsen...

Mutter:
Sie waren so häßlich zu uns...

Sohn:
Grottenhäßlich war sie...eine riesige Nase...ein Dorftrampel...Hat es jetzt geklingelt?

Mutter:
Nein, es hat nicht geklingelt, Christoph.
Morgen werden sie ihn abholen..

Sohn:
Ja, das werden sie...

Mutter:
Wo doch heute Vatertag war. Du weißt, wie gern er heute mit seinen Freunden durch die Gärten gezogen wäre. Er mochte das so...

Sohn:
Ja, Mutter, er liebte es...Du hättest ihn vielleicht doch gehen lassen sollen...

Mutter:
erregt: Damit er mir wieder alles vollkotzt, wenn er besoffen wie ein Bierkutscher hier abgeliefert wird? Jetzt, wo du die ganze Wohnung so schön gemacht hast...

Sohn:
Aber mußte es denn mit dem Hammer sein...

Mutter:
Die Nerven, mein Junge, die Nerven...
Er hätte eben nicht schon vor drei Tagen mit saufen anfangen sollen...

Sohn:
Morgen werden sie ihn abholen, Mutter. Denk nicht mehr dran. Die Krötern und ihr Bastard...

Mutter:
Ja, wirklich, das hat er nicht verdient...

ENDE

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